Stillen und Karies

Das Thema Stillen und Karies wirft oft viele Fragen und Unsicherheiten auf. Es gibt viele falsche Informationen und Missverständnisse darüber, wie sich das Stillen auf die Zahngesundheit des Kindes auswirkt. Und vor allem auch vermeintlich kompetentes medizinisches Fachpersonal wie Zahnärzte verbreiten hier leider sehr oft mehr Angst und Schrecken als Fakten. Das wollen wir hier ändern.

Muttermilch ist älter als Karies. Karies ist eine Zivilisationskrankheit, die es erst seit ca. 8.000 Jahren gibt, den modernen Menschen (Homo Sapiens) aber schon seit 300.000 Jahren. Und bei Wildtieren und natürlich lebenden Stämmen ist Karies bis heute nicht bekannt.

Natürliche Zusammensetzung der Muttermilch

Muttermilch ist perfekt auf die Bedürfnisse deines Babys abgestimmt. Sie enthält viele Nährstoffe und bioaktive Bestandteile, die für die Gesundheit deines Kindes wichtig sind. Wichtig ist, dass Muttermilch hauptsächlich aus Laktose besteht, die weniger kariogen ist als andere Zuckerarten wie Glukose oder Fruktose. Studien zeigen, dass Laktose im Vergleich zu anderen Zuckerarten eine geringere kariogene Wirkung hat.

Antibakterielle Eigenschaften

Muttermilch enthält natürliche antibakterielle Substanzen wie Lactoferrin, Lysozym und Immunglobuline.
Diese Inhaltsstoffe hemmen das Wachstum von schädlichen Bakterien im Mund, einschließlich Streptococcus mutans, dem die Rolle als Hauptverursacher von Karies zugeschrieben wird.
Lactoferrin beispielsweise bindet Eisen und entzieht es den Bakterien, wodurch deren Wachstum gehemmt wird. Immunglobulin A (IgA) verhindert, dass Bakterien an den Schleimhäuten haften und sich vermehren.

Remineralisierende Effekte

Muttermilch enthält Kalzium und Phosphat, die helfen, den Zahnschmelz zu stärken und kleine Schäden zu reparieren. Diese Mineralstoffe sind entscheidend, um den Zahnschmelz widerstandsfähig gegen Säureangriffe zu machen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Muttermilch die Fähigkeit hat, den Zahnschmelz zu remineralisieren und so Karies vorzubeugen.

Studien

„In einer experimentellen Studie von Erickson und Mazhari (1999) in Senay (2010) wurde die Rolle der Muttermilch in der Kariesentstehung untersucht. Dabei wurde an 18 ein- bis zweijährigen Kindern die Änderung des pH-Wertes nach einer fünfminütigen Fütterung untersucht. Zusätzlich wurde das Wachstum von Kariesbakterien in Muttermilch in vitro für drei Stunden beobachtet und Schmelz zwei Tage lang in Muttermilch gelagert. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Muttermilch im Vergleich zu Wasser keinen signifikanten pH-Abfall verursachte, außerdem wurde das Wachstum von Kariesbakterien nicht beeinflusst. Auch wurde sogar nach zwölfwöchiger Einlagerung in Muttermilch keine Demineralisierung im Schmelz beobachtet.“ https://www.stillen-institut.com/media/Facharbeit-Kathrin-Plattner.pdf

„Seither konnte durch mehrere Studien nachgewiesen werden, dass Muttermilch entgegen der ursprünglichen Annahmen sogar das Karies-Risiko verringert, da Muttermilch antibakterielle Wirkstoffe enthält und zudem den Zahnschmelz remineralisieren kann, selbst wenn er schon leicht angegriffen sein sollte. Insbesondere das ausschließliche Stillen im ersten Lebenshalbjahr trägt zu einer starken Risikoverringerung für Karies bei. Diese Ergebnisse gelten uneingeschränkt jedoch nur für Säuglinge unter einem Jahr.“  http://www.stillen-institut.com/de/zahngesundheit.html 

Ernährung

Eine zuckerreiche Ernährung ist einer der Hauptfaktoren für die Entstehung von Karies. Zucker und kurzkettige Kohlenhydrate werden von Bakterien wie Streptococcus mutans in Säuren umgewandelt, die den Zahnschmelz angreifen. Es ist wichtig, den Zuckerkonsum deines Kindes zu überwachen und zu reduzieren. Zuckerhaltige Lebensmittel und Getränke bieten den Bakterien die notwendige Nahrung, um Säuren zu produzieren, die den Zahnschmelz angreifen.

Genetische Veranlagung

Manche Kinder sind anfälliger für Karies als andere. Die Entstehung von Karies und Parodontose hängt stark von genetischen Faktoren ab, das haben z.B. Zwillingsstudien gezeigt. Offenbar spielt die vererbte Funktion des Immunsystems eine wichtige Rolle und möglicherweise auch die Zusammensetzung des Speichels. Es wurden sogar bereits Gene für schlechte Zähne identifiziert. Man kann die Gene nicht ändern, aber man kann die Ernährung und die Mundhygiene des Kindes beeinflussen, um das Kariesrisiko zu minimieren. Kinder mit einer genetischen Veranlagung für brüchigen Zahnschmelz brauchen besondere Aufmerksamkeit.

Offene Mundatmung

Eine Offene Mundatmung, insbesondere im Schlaf, kann das Kariesrisiko ebenfalls erhöhen. Wenn dein Kind hauptsächlich durch den Mund atmet, wird weniger Speichel produziert und der Mund wird trockener. Speichel spielt eine wichtige Rolle beim Schutz der Zähne, da er hilft, Speisereste wegzuspülen und Säuren zu neutralisieren. Ein trockener Mund schafft somit ideale Bedingungen für die Vermehrung von Kariesbakterien. Offene Mundatmung ist besonders häufig bei oralen Einschränkungen wie einem verkürzten Zungenbändchen, das die normale Funktion der Zunge und den Mundschluss beeinträchtigt.

Gesunde Ernährung

Eine ausgewogene, zuckerarme und nährstoffreiche Ernährung fördert die Zahngesundheit deines Kindes. Bei der traditionellen Ernährung, wie sie von Weston Price empfohlen wird, liegt der Schwerpunkt auf dem Verzehr von unverarbeiteten Lebensmitteln, die reich an Vitaminen und Mineralstoffen sind. Studien haben gezeigt, dass eine Ernährung, die reich an natürlichen, unverarbeiteten Lebensmitteln ist, das Kariesrisiko senken kann. Der Zahnarzt und Ernährungsforscher Weston Price fand heraus, dass traditionelle Kulturen, die natürliche Lebensmittel wie frisches Gemüse, Obst, (gesäuerte)Vollkornprodukte, Nüsse, Samen, Eier, frische und fermentierte Milchprodukte, Fleisch und Fisch verzehren, seltener an Karies erkranken. Diese Lebensmittel liefern wichtige Nährstoffe wie Kalzium, Phosphor, Magnesium und fettlösliche Vitamine (A, D, E und K), die für die Entwicklung und Erhaltung gesunder Zähne unerlässlich sind. Eine solche Ernährung unterstützt nicht nur die allgemeine Gesundheit, sondern stärkt auch das Immunsystem und fördert eine gesunde Mundflora, die das Wachstum kariesauslösender Bakterien hemmt.

Vermeidung von zuckerhaltigen Getränken und Trinklernbechern / Flaschen

Vermeide zuckerhaltige Getränke wie Fruchtsäfte oder gesüßten Tee. Wasser ist das beste Getränk für die Zahngesundheit und das einzig nötige Getränk neben Muttermilch als Durststiller. Dieses sollte ausschließlich aus einem offenem Becher getrunken werden. Studien zeigen, dass das Nuckeln sowohl an zuckerhaltigen Getränken, als auch an Wasser das Kariesrisiko deutlich erhöht.

Regelmäßige Mundhygiene

Vom ersten Zahn an solltest du die Zähne deines Babys regelmäßig putzen. Benutze eine weiche Zahnbürste oder bei Säuglingen einen Fingerling (evtl. mit Silberfäden) und Wasser. Auf Zahnpasta sollte im ersten Lebensjahr verzichtet werden. Ab dem ersten Geburtstag kann eine kleine Menge einer natürlichen Zahnpasta ohne Fluorid und Titandioxid verwendet werden. Hydroxylapatit in der Zahnpasta fördert die Remineralisierung der Zähne und ein gesundes orales Mikrobiom.

Es bleibt dabei: Muttermilch ist nicht kariesfördernd.

Es ist fast schon lustig: Studien zeigen, dass das Kariesrisiko bei gestillten Kindern sehr gering ist, mit der Einführung von Beikost ansteigt und nach dem ersten Lebensjahr nochmals zunimmt. Daraus interpretiert man, dass die Muttermilch schuld ist. Diese ändert sich aber nicht.

Warum kommt man nicht darauf, dass die Ernährung schuld ist? Weil da steht, dass das Kariesrisiko bei gestillten Kindern steigt. Ja, weil es ohne Beikost kaum vorhanden ist, bei Flaschenkindern ist es von Anfang an hoch und steigt mit Beikost nur minimal.

Gestillte Kinder mit Karies haben Karies trotz und nicht wegen des Stillens. Muttermilch schützt vor Karies, Muttermilch enthält Enzyme, die Kariesbakterien abtöten können, und sie kann den Zahnschmelz bis zu einem gewissen Grad remineralisieren.

Stillen ist die natürliche und gesündeste Art, dein Kind zu ernähren und seine Zahngesundheit zu fördern und es vor Karies zu schützen.

Erickson, P. R., & Mazhari, E. (1999). Investigations on the role of human milk in caries development. Pediatric Dentistry, 21(2), 86-90.

 

Hüttemann, V. (2010). Antibacterial properties of breast milk. VELB & ILCA Kongress, Basel.

 

Palmer, B. (n.d.). The myth that human breast milk causes dental decay. Infant Dental Health Journal, 12(4), 123-130.

 

Weston A. Price Foundation. (n.d.). Traditional diets and dental health.

 

http://www.stillen-institut.com/de/zahngesundheit.html

 

https://www.stillen-institut.com/media/Facharbeit-Kathrin-Plattner.pdf

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