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Das Thema Stillen und Karies wirft oft viele Fragen und Unsicherheiten auf. Es gibt viele falsche Informationen und Missverständnisse darüber, wie sich das Stillen auf die Zahngesundheit des Kindes auswirkt. Und vor allem auch vermeintlich kompetentes medizinisches Fachpersonal wie Zahnärzte verbreiten hier leider sehr oft mehr Angst und Schrecken als Fakten. Das wollen wir hier ändern.

Muttermilch ist älter als Karies. Karies ist eine Zivilisationskrankheit, die es erst seit ca. 8.000 Jahren gibt, den modernen Menschen (Homo Sapiens) aber schon seit 300.000 Jahren. Und bei Wildtieren und natürlich lebenden Stämmen ist Karies bis heute nicht bekannt.

Natürliche Zusammensetzung der Muttermilch

Muttermilch ist perfekt auf die Bedürfnisse deines Babys abgestimmt. Sie enthält viele Nährstoffe und bioaktive Bestandteile, die für die Gesundheit deines Kindes wichtig sind. Wichtig ist, dass Muttermilch hauptsächlich aus Laktose besteht, die weniger kariogen ist als andere Zuckerarten wie Glukose oder Fruktose. Studien zeigen, dass Laktose im Vergleich zu anderen Zuckerarten eine geringere kariogene Wirkung hat.

Antibakterielle Eigenschaften

Muttermilch enthält natürliche antibakterielle Substanzen wie Lactoferrin, Lysozym und Immunglobuline.
Diese Inhaltsstoffe hemmen das Wachstum von schädlichen Bakterien im Mund, einschließlich Streptococcus mutans, dem die Rolle als Hauptverursacher von Karies zugeschrieben wird.
Lactoferrin beispielsweise bindet Eisen und entzieht es den Bakterien, wodurch deren Wachstum gehemmt wird. Immunglobulin A (IgA) verhindert, dass Bakterien an den Schleimhäuten haften und sich vermehren.

Remineralisierende Effekte

Muttermilch enthält Kalzium und Phosphat, die helfen, den Zahnschmelz zu stärken und kleine Schäden zu reparieren. Diese Mineralstoffe sind entscheidend, um den Zahnschmelz widerstandsfähig gegen Säureangriffe zu machen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Muttermilch die Fähigkeit hat, den Zahnschmelz zu remineralisieren und so Karies vorzubeugen.

Studien

„In einer experimentellen Studie von Erickson und Mazhari (1999) in Senay (2010) wurde die Rolle der Muttermilch in der Kariesentstehung untersucht. Dabei wurde an 18 ein- bis zweijährigen Kindern die Änderung des pH-Wertes nach einer fünfminütigen Fütterung untersucht. Zusätzlich wurde das Wachstum von Kariesbakterien in Muttermilch in vitro für drei Stunden beobachtet und Schmelz zwei Tage lang in Muttermilch gelagert. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Muttermilch im Vergleich zu Wasser keinen signifikanten pH-Abfall verursachte, außerdem wurde das Wachstum von Kariesbakterien nicht beeinflusst. Auch wurde sogar nach zwölfwöchiger Einlagerung in Muttermilch keine Demineralisierung im Schmelz beobachtet.“ https://www.stillen-institut.com/media/Facharbeit-Kathrin-Plattner.pdf

„Seither konnte durch mehrere Studien nachgewiesen werden, dass Muttermilch entgegen der ursprünglichen Annahmen sogar das Karies-Risiko verringert, da Muttermilch antibakterielle Wirkstoffe enthält und zudem den Zahnschmelz remineralisieren kann, selbst wenn er schon leicht angegriffen sein sollte. Insbesondere das ausschließliche Stillen im ersten Lebenshalbjahr trägt zu einer starken Risikoverringerung für Karies bei. Diese Ergebnisse gelten uneingeschränkt jedoch nur für Säuglinge unter einem Jahr.“  http://www.stillen-institut.com/de/zahngesundheit.html 

Ernährung

Eine zuckerreiche Ernährung ist einer der Hauptfaktoren für die Entstehung von Karies. Zucker und kurzkettige Kohlenhydrate werden von Bakterien wie Streptococcus mutans in Säuren umgewandelt, die den Zahnschmelz angreifen. Es ist wichtig, den Zuckerkonsum deines Kindes zu überwachen und zu reduzieren. Zuckerhaltige Lebensmittel und Getränke bieten den Bakterien die notwendige Nahrung, um Säuren zu produzieren, die den Zahnschmelz angreifen.

Genetische Veranlagung

Manche Kinder sind anfälliger für Karies als andere. Die Entstehung von Karies und Parodontose hängt stark von genetischen Faktoren ab, das haben z.B. Zwillingsstudien gezeigt. Offenbar spielt die vererbte Funktion des Immunsystems eine wichtige Rolle und möglicherweise auch die Zusammensetzung des Speichels. Es wurden sogar bereits Gene für schlechte Zähne identifiziert. Man kann die Gene nicht ändern, aber man kann die Ernährung und die Mundhygiene des Kindes beeinflussen, um das Kariesrisiko zu minimieren. Kinder mit einer genetischen Veranlagung für brüchigen Zahnschmelz brauchen besondere Aufmerksamkeit.

Offene Mundatmung

Eine Offene Mundatmung, insbesondere im Schlaf, kann das Kariesrisiko ebenfalls erhöhen. Wenn dein Kind hauptsächlich durch den Mund atmet, wird weniger Speichel produziert und der Mund wird trockener. Speichel spielt eine wichtige Rolle beim Schutz der Zähne, da er hilft, Speisereste wegzuspülen und Säuren zu neutralisieren. Ein trockener Mund schafft somit ideale Bedingungen für die Vermehrung von Kariesbakterien. Offene Mundatmung ist besonders häufig bei oralen Einschränkungen wie einem verkürzten Zungenbändchen, das die normale Funktion der Zunge und den Mundschluss beeinträchtigt.

Gesunde Ernährung

Eine ausgewogene, zuckerarme und nährstoffreiche Ernährung fördert die Zahngesundheit deines Kindes. Bei der traditionellen Ernährung, wie sie von Weston Price empfohlen wird, liegt der Schwerpunkt auf dem Verzehr von unverarbeiteten Lebensmitteln, die reich an Vitaminen und Mineralstoffen sind. Studien haben gezeigt, dass eine Ernährung, die reich an natürlichen, unverarbeiteten Lebensmitteln ist, das Kariesrisiko senken kann. Der Zahnarzt und Ernährungsforscher Weston Price fand heraus, dass traditionelle Kulturen, die natürliche Lebensmittel wie frisches Gemüse, Obst, (gesäuerte)Vollkornprodukte, Nüsse, Samen, Eier, frische und fermentierte Milchprodukte, Fleisch und Fisch verzehren, seltener an Karies erkranken. Diese Lebensmittel liefern wichtige Nährstoffe wie Kalzium, Phosphor, Magnesium und fettlösliche Vitamine (A, D, E und K), die für die Entwicklung und Erhaltung gesunder Zähne unerlässlich sind. Eine solche Ernährung unterstützt nicht nur die allgemeine Gesundheit, sondern stärkt auch das Immunsystem und fördert eine gesunde Mundflora, die das Wachstum kariesauslösender Bakterien hemmt.

Vermeidung von zuckerhaltigen Getränken und Trinklernbechern / Flaschen

Vermeide zuckerhaltige Getränke wie Fruchtsäfte oder gesüßten Tee. Wasser ist das beste Getränk für die Zahngesundheit und das einzig nötige Getränk neben Muttermilch als Durststiller. Dieses sollte ausschließlich aus einem offenem Becher getrunken werden. Studien zeigen, dass das Nuckeln sowohl an zuckerhaltigen Getränken, als auch an Wasser das Kariesrisiko deutlich erhöht.

Regelmäßige Mundhygiene

Vom ersten Zahn an solltest du die Zähne deines Babys regelmäßig putzen. Benutze eine weiche Zahnbürste oder bei Säuglingen einen Fingerling (evtl. mit Silberfäden) und Wasser. Auf Zahnpasta sollte im ersten Lebensjahr verzichtet werden. Ab dem ersten Geburtstag kann eine kleine Menge einer natürlichen Zahnpasta ohne Fluorid und Titandioxid verwendet werden. Hydroxylapatit in der Zahnpasta fördert die Remineralisierung der Zähne und ein gesundes orales Mikrobiom.

Es bleibt dabei: Muttermilch ist nicht kariesfördernd.

Es ist fast schon lustig: Studien zeigen, dass das Kariesrisiko bei gestillten Kindern sehr gering ist, mit der Einführung von Beikost ansteigt und nach dem ersten Lebensjahr nochmals zunimmt. Daraus interpretiert man, dass die Muttermilch schuld ist. Diese ändert sich aber nicht.

Warum kommt man nicht darauf, dass die Ernährung schuld ist? Weil da steht, dass das Kariesrisiko bei gestillten Kindern steigt. Ja, weil es ohne Beikost kaum vorhanden ist, bei Flaschenkindern ist es von Anfang an hoch und steigt mit Beikost nur minimal.

Gestillte Kinder mit Karies haben Karies trotz und nicht wegen des Stillens. Muttermilch schützt vor Karies, Muttermilch enthält Enzyme, die Kariesbakterien abtöten können, und sie kann den Zahnschmelz bis zu einem gewissen Grad remineralisieren.

Stillen ist die natürliche und gesündeste Art, dein Kind zu ernähren und seine Zahngesundheit zu fördern und es vor Karies zu schützen.

Erickson, P. R., & Mazhari, E. (1999). Investigations on the role of human milk in caries development. Pediatric Dentistry, 21(2), 86-90.

 

Hüttemann, V. (2010). Antibacterial properties of breast milk. VELB & ILCA Kongress, Basel.

 

Palmer, B. (n.d.). The myth that human breast milk causes dental decay. Infant Dental Health Journal, 12(4), 123-130.

 

Weston A. Price Foundation. (n.d.). Traditional diets and dental health.

 

http://www.stillen-institut.com/de/zahngesundheit.html

 

https://www.stillen-institut.com/media/Facharbeit-Kathrin-Plattner.pdf

Koffein ist ein weit verbreitetes Genussmittel, das in vielen alltäglichen Lebensmitteln wie Kaffee, Tee, Cola, Energydrinks und Schokolade enthalten ist. Viele Menschen nehmen täglich Koffein zu sich, ohne sich über die Auswirkungen Gedanken zu machen. Doch besonders stillende Mütter werden häufig stark verunsichert und trauen sich nicht einmal einen Kaffee trinken. 

Koffein geht in die Muttermilch über, wobei die Menge von Person zu Person variiert. Studien zeigen, dass Koffein in der Muttermilch etwa 60 Minuten nach der Einnahme seinen Höchstwert erreicht. 

In einer Studie wurde Müttern zwei Stunden nach dem Frühstück eine Koffeindosis von 150 mg in Form einer Koffein-Natriumbenzoat-Lösung oral verabreicht. Die durchschnittlichen Koffeinkonzentrationen nach 30, 60 und 120 Minuten betrugen 1,6 mg, 1,5 mg und 0,9 mg pro Liter Muttermilch. 

Eine Mutter, die innerhalb einer Stunde drei Tassen Kaffee trank und dann über den Tag verteilt nach Belieben Kaffee zu sich nahm, wies in 8 Milchproben, die über einen Zeitraum von 10,5 Stunden genommen wurden, Koffeinkonzentrationen zwischen 0,32 und 1,15 mg/l auf.

Weniger als 1 % der mütterlichen Dosis wird an den Säugling weitergegeben, so dass eine mütterliche Dosis von 300 mg Koffein für den Säugling klinisch unbedeutend ist.

Übermäßiger mütterlicher Koffeinkonsum wird bei Kindern unter sechs Monaten mit Nervosität, Reizbarkeit und schlechtem Schlaf in Verbindung gebracht. Es liegen jedoch nur wenige Daten vor, die meist auf Beobachtungen der Mutter beruhen. Es ist unklar, ob dies tatsächlich auf den Koffeinkonsum oder auf eine Voreingenommenheit der Mutter zurückzuführen ist. 

Es ist daher wichtig, solche Beobachtungen kritisch zu hinterfragen.

Auch auf die Milchbildung oder den Milchspenderreflex hat Koffein keinen Einfluss.

Es ist keine Höchstmenge an Koffein bekannt, die eine Mutter zu sich nehmen kann. 

Klinisch relevante Mengen in der Muttermilch sind bei normalem Koffeinkonsum unwahrscheinlich. Zur Sicherheit empfehlen viele Gesellschaften dennoch nicht mehr als 300 mg bis 500 mg Koffein am Tag zu sich zu nehmen.

Die meisten Mütter werden aber ohnehin weniger konsumieren, und selbst bei gelegentlichen Überschreitungen sind keine klinisch relevanten Mengen in der Muttermilch zu erwarten.

Studien zeigen, dass Säuglinge von Müttern, die viel Koffein zu sich nehmen, nicht weniger oder schlechter schlafen als Säuglinge von Müttern, die kein Koffein zu sich nehmen. 

Lediglich bei Neugeborenen sollte der Koffeinkonsum auf maximal zwei Tassen pro Tag begrenzt werden, da sie länger brauchen, um Koffein abzubauen.

Koffein ist völlig in Ordnung, wenn du stillst. Es spricht absolut nichts dagegen sich einen Kaffee zu gönnen.

Vielleicht hast du sogar das Glück, den einen oder anderen Schluck warm genießen zu können!

Auch gegen Energydrinks ist nichts einzuwenden.

Auf der folgenden Grafik siehst du, was du am Tag alles zu dir nehmen könntest, um überhaupt auf 400 bis 486 mg Koffein zu kommen:

Koffeinmengen in Lebensmitteln

Tyrala EE, Dodson WE. Caffeine secretion into breast milk. Arch Dis Child 1979;54:787-9.

 

Bailey DN, Welbert RT, Naylor A. A study of salicylate and caffeine excretion in the breast milk of two nursing mothers. J Anal Toxicol 1982;6:64-8.

 

James J, Lawrence R. Can consuming caffeine while breastfeeding harm your baby? An interview with Ruth Lawrence, PhD. J Caffeine Res 2011;1:192-4. doi:10.1089/caf.2011.1212

 

Oo CY, Burgio DE, Kuhn RC, et al. Pharmacokinetics of caffeine and its demethylated metabolites in lactation: Predictions of milk to serum concentration ratios. Pharm Res 1995;12:313-6.

 

Stavchansky S, Combs A, Sagraves R, et al. Pharmacokinetics of caffeine in breast milk and plasma after single oral administration of caffeine to lactating mothers. Biopharm Drug Dispos 1988;9:285-99.

 

American Academy of Pediatrics (AAP)

Eine der meist gestellten Fragen zum Thema „Was ist in der Stillzeit erlaubt?“,  ist ob sich eine stillende Mutter tätowieren lassen darf. Und tatsächlich sind Tattoos nur ein weiteres Beispiel wie stillenden Müttern das Leben unnötig schwer gemacht wird. „Dein Kind wird eine Infektion bekommen“, „ Willst du dass es HIV oder Hepatitis bekommt?“, „Du kannst eine ganz böse Entzündung bekommen“, … Diese Sätze sind nur wenige Beispiele für die Dinge die stillenden Frauen vorgeworfen werden, wenn sie darüber nachdenken sich in der Stillzeit ein Tattoo stechen zu lassen.

Stillenden Müttern wird es unnötig schwer gemacht

Meist sind es andere Mütter die es zwar gut meinen, den tätowierwilligen Mamas aber aus Unwissenheit Kindeswohlgefährdung vorwerfen. Oft sind es aber auch leider angehörige von Gesundheitsberufen oder uninformierte Stillberaterinnen die zur Verbreitung dieser Mythen beitragen. Und auch die meisten Tätowierer würden eine stillende Frau nicht wissentlich tätowieren. Oft höre ich die Meinung, dass Stillen nun mal auszehre und der Körper der Mutter daher nicht in der Lage wäre das Tattoo richtig zu heilen so lange sie stillt. Gleichzeitig ist es für die Tätowierer einfach eine Absicherung. Ähnlich den Beipackzetteln von Medikamenten, in denen Grundsätzlich steht, dass stillende Frauen das betreffende Medikament nicht nehmen dürfen. Es ist die gleiche Absicherung wie sie auch Ärzte durchführen wenn sie stillenden Frauen sagen sie dürften keine Medikamente nehmen. Für diese Fälle haben wir zum Glück das Pharmakovigilanz – und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité in Berlin, kurz Embryotox, das uns zeigt, dass diese Aussagen nicht stimmen. Für Tattoos haben wir so eine Anlaufstelle leider nicht. Leider müssen Frauen in der Stillzeit auch immer wieder mit viel Ignoranz, Vorwürfen und teils sogar Bestrafungen fertig werden. Es darf nicht sein, dass es Gerichten möglich ist, einer Frau das Stillen zu verbieten, weil sie sich während der Stillzeit tätowieren lies wie es vor ein paar Jahren in Australien der Fall war. Keine einzige fundierte Fachkraft wurde in der Verhandlung angehört.

Eine stillende Frau hat das Recht fachlich fundierte Informationen bereit gestellt zu bekommen

Es ist völlig egal, was eine Person persönlich von solchen Dingen wie Tätowierungen hält. Eine stillende Frau hat nicht nur das Recht fachlich fundierte Informationen bereit gestellt zu bekommen, sondern auch das Recht ihre eigenen Entscheidungen ohne unnötige Einschränkungen zu treffen.

Entgegen der weit verbreiteten Meinung sind Tattoos (genauso wie Piercings oder andere Body Modifikationen) mit dem Stillen durchaus kompatibel, sofern bestimmte Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden.

Alles was wir im Leben tun, birgt Risiken. Die meisten alltäglichen Dinge sehr viel mehr als ein Tattoo. Es geht darum Entscheidungen auf Basis fundierter Fakten zu treffen:

  • Alle allgemeinen Informationen zum Tätowieren gelten auch für stillende Frauen.
  • Die Vorschriften des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) für kosmetische Mittel gelten seit 2005 auch für Tätowierfarben. Gemäß §26 dürfen diese Mittel nicht so hergestellt und in den Verkehr gebracht werden, dass sie bei „bestimmungsgemäßem oder vorauszusehendem Gebrauch geeignet sind, die Gesundheit zu schädigen“
  • Die molekulare Struktur der Tätowierfarbe ist zu groß um in die Muttermilch zu gelangen, selbst wenn etwas davon ins Blut der Mutter übergehen sollte.
  • Muttermilchbanken akzeptieren keine Spenden von Müttern, die sich in den letzten 6 Monaten tätowieren ließen, da möglicherweise Infektionen durch das Blut übertragen werden könnten. Diese Tatsache bestätigt für viele die Gefährlichkeit von Tätowierungen in der Stillzeit. Sehen wir uns aber mal die Daten dazu an, wird schnell klar, dass dies eine reine Vorsichtsmaßnahme vor allem für besonders fragile Frühchen ist und nicht auf das Tätowieren an sich übertragen werden kann.

1985 haben die Centers for Disease Control in Atlanta, Georgia, USA nationale Richtlinien für den Schutz während des Tätowierungsprozesses erlassen. In diesem Zuge wurden seither alle Infektionen die im Zusammenhang mit Tätowierungen aufgetreten sind protokolliert.

Seit Beginn der Aufzeichnungen gibt es keinen einzigen dokumentierten Fall einer übertragenen HIV Infektion oder einer Syphilis Infektion. Es gibt 12 dokumentierte Hepatitisfälle nach einer Tätowierung in den USA. Die Gefahr beim Zahnarzt an Hepatitis zu erkranken ist tatsächlich 300% größer.

  • Lokale Infektionen sind die häufigsten Risiken des Tätowierens. In Zuge dessen kommt es häufig dazu, dass die Farbe nicht überall richtig angenommen wird und ein Nachstechen erforderlich wird. Dies ist vor allem dann ein Problem, wenn die tätowierte Person die Nachsorge nicht befolgt. Gesunde Menschen haben ein sehr geringes Risiko nach einer Tätowierung eine Infektion zu bekommen.
  • Seriöse Tätowierer befolgen allgemeine Vorsichtsmaßnahmen wie die Sterilisation der Tätowiermaschine mit einem Autoklaven, nutzen Tintenbecher, Handschuhe und Einwegnadeln, waschen gründlich ihre Hände und desinfizieren alle Oberflächen. Dies verringert die Infektionsgefahr nochmal erheblich.
  • Das systemische und lokale Infektionsrisiko gilt für stillende Frauen in dem gleichen Umfang wie für den Rest der Bevölkerung.
  • Und sollte es doch zu einer Infektion kommen, können stillende Frauen genauso wie alle anderen mit den nötigen Medikamenten (auch Antibiotika) behandelt werden.
  • Oft wird behauptet, dass die Farbe bei stillenden Frauen aufgrund der Hormonlage nicht richtig aufgenommen wird und zudem das Tattoo schlechter abheilt. Das stimmt nicht. Abgesehen davon, dass wir Frauen zyklusbedingt unser Leben lang Hormonschwankungen unterworfen sind und uns nach dieser Logik daher nie tätowieren lassen dürften, ist der Hormonstatus nach den ersten Monaten außerhalb einer Stillmahlzeit nicht mehr von dem einer nicht stillenden Frau zu unterscheiden.

Wenn du dich gerne tätowieren lassen möchtest, halte dich einfach an ein paar Vorsichtsmaßnahmen

  • Lerne dein Tattoostudio kennen. Gehe nicht einfach irgendwo hin. Welches Studio wird oft empfohlen? Sieh dir an wie dort gearbeitet wird. Ist es sauber dort? Lass dir Lizenzen zeigen.
  • Achte darauf, dass der Tätowierer die allgemeinen Vorsichtsmaßnahmen befolgt: Trägt er Handschuhe? Nutzt er Einwegnadeln? Desinfiziert er Oberflächen und Geräte?
  • Befolge die Pflegeanweisungen deines Tätowierers. Es kann bis zu 3 Wochen dauern, bis das Tattoo komplett verheilt ist. Beachte das bevor du dich tätowieren lässt.
  • Sei gesund wenn du dich tätowieren lässt. Wie bei jeder anderen Verletzung der Haut gilt auch beim Tattoo: je gesünder du bist und je besser du aufpasst, desto unwahrscheinlicher ist eine Infektion und desto besser wird es verheilen. Daher solltest du auch überlegen, dich vielleicht nicht unbedingt gleich nach der Geburt tätowieren zu lassen, sondern so lange zu warten bis alles gut verheilt ist und du dich wieder fit fühlst.

Stillende Mütter haben beim Tätowieren sogar Vorteile.

Zum Schluss noch zwei Vorteile die stillende Mütter genießen, wenn sie sich tätowieren lassen. Stillen direkt vor dem Tätowieren sorgt durch das ausgeschüttete Oxytocin für weniger Schmerzen und Muttermilch kann dank seiner antibakteriellen Wirkung sogar bei der Abheilung des Tattoos helfen. Du siehst, es gibt objektiv betrachtet keinen Grund dein Baby nicht auch mit einem verzierten Körper zu stillen.

Stillen wird im Allgemeinen in unserer Gesellschaft nicht nur akzeptiert, sondern hat auch einen hohen Stellenwert. Zumindest solange das Kind nicht älter als 6 Monate ist und die Mutter sich dafür aber bitte auf der Toilette oder ihr Kind unter einem Tuch versteckt. Alles was darüber hinaus geht, ist für die meisten schon nicht mehr wirklich verständlich, wird aber meist noch akzeptiert. Sobald das Kind aber über ein Jahr alt ist oder bereits laufen kann ist es auch mit der Akzeptanz schnell vorbei. Das Stillen über einem Jahr hat sogar einen eigenen Namen: Langzeitstillen nennt es sich gemeinhin. LANGZEITSTILLEN – das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Allein dieses Wort impliziert schon, dass das Stillen ab etwa einem Jahr (höchstens) nicht mehr normal ist.

Das natürliche und biologisch sinnvolle Abstillalter des Menschen liegt irgendwo zwischen 2,5 und 7 Jahren

Eine seltsame Auffassung, wenn man bedenkt, dass das natürliche und biologisch sinnvolle Abstillalter des Menschen irgendwo zwischen 2,5 und 7 Jahren liegt, wie es Katherine A. Dettwyler ausführlich auf wissenschaftlicher Ebene ausführt. Auch die WHO empfiehlt das Stillen bis mindestens zum Alter von 2 Jahren und darüber hinaus solange Mutter und Kind es wollen. Diese Empfehlung gilt ausdrücklich für alle Kinder weltweit, nicht wie oft angenommen nur für Dritte Welt Länder. Die American Academy of Pediatrics empfiehlt ebenfalls mindestens 2 Jahre zu stillen und stellt klar, dass es keine Obergrenze für die Stilldauer und keinen Beleg für Schädigungen hinsichtlich der Psyche oder der Entwicklung gibt, länger gestillt wird.

In unserer Gesellschaft hat sich jedoch eine irrationale Angst ausgebreitet, das Kind würde vielleicht nie selbständig werden, wenn es so lange gestillt wird, sich niemals selbst abstillen und Essstörungen entwickeln wenn man zum trösten stillt. In Wahrheit ist eher das Gegenteil der Fall.

Auch die Freiheit der Mutter wird immer wieder als Argument für das zeitige Abstillen genannt. Johanna Bose hat es meiner Meinung nach in einem Artikel auf ihrem Blog Rubbelbatz auf den Punkt gebracht:

„Meinem Empfinden nach wird das auch in unserer Gesellschaft oft so kommuniziert und als normal empfunden. Eine Mutter darf sich nicht „aufopfern“ und „braucht irgendwann wieder ihre Ruhe“. Und wenn eine Mutter es doch länger erduldet, dass das Baby an ihrer Brust hängt, dann stimmt irgendwas nicht mit ihr. Vermutlich möchte sie das kleine Wesen nicht in die Unabhängigkeit entlassen, weil sie Trennungsängste hat. Ich wage es oft nicht so direkt anzusprechen, weil letztendlich ja jeder für sich entscheiden muss und ich niemandem ein schlechtes Gewissen machen möchte. Aber ich frage mich zwei Dinge: Braucht eine Mutter das wirklich, ihre Unabhängigkeit? Hat sie ein „Recht“ darauf? Zählen ihre Bedürfnisse mehr als die des Babys? Und: Hat sie dann wirklich mehr Ruhe?“

Stillen ist so viel mehr als Nahrung. Es ist Liebe, Nähe, Geborgenheit, Trost, Wärme, Sicherheit, es ist einfach allumfassend.

Natürlich ist ein zweijähriges Kind nicht mehr unbedingt auf die Muttermilch angewiesen um nicht zu verhungern, jedoch ist stillen so viel mehr als Nahrung. Es ist Liebe, Nähe, Geborgenheit, Trost, Wärme, Sicherheit, es ist einfach allumfassend.

Wie viele Kinder bekommen weit über das erste Lebensjahr hinaus einen Schnuller und auch weiter Säuglingsmilch in der Flasche angeboten? Dieser Anblick ist für uns etwas völlig normales, ein Kind hat ja schließlich auch ein Saugbedürfnis das erst nach bis zu 7 Jahren langsam verschwindet. Warum geben wir unseren Kindern dann nicht einfach die Brust solange es sie braucht? Warum höre ich immer wieder Sätze wie: „Ich bin doch kein Schnullerersatz“? Schnullerersatz? Was soll das sein? Ich kenne nur den Schnuller als Brustersatz. Dieses völlig verdrehte Denken ist, wenn auch ein sehr harmloses Beispiel, mit ein Resultat einer Erziehung, die darauf abzielt, Kinder so schnell wie möglich auf sich allein gestellt zu lassen, die auf Johanna Haarer, einer Autorin von Erziehungsratgebern der Nazizeit zurück geht. Ihr Bestseller „die Deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ wurde, nachdem es entnazifiziert wurde, noch bis 1987 aufgelegt.

Für das Stillen über das normalisierte erste Jahr hinaus, sprechen nicht nur die psychischen Aspekte.

Aber für das Stillen über das normalisierte erste Jahr hinaus, sprechen nicht nur die psychischen Aspekte. 500ml Muttermilch decken, bei einem Kleinkind über einem Jahr unter anderem noch

  • 43% des Proteinbedarfs
  • 40% des Calciumbedarfs
  • 90% des Vitamin C Bedarfs und
  • 80% des Vitamin A Bedarfs

hinzu kommt, dass auch der Energiebedarf noch zu einem großen Teil von der Muttermilch gedeckt wird.

Muttermilch enthält um den zweiten Geburtstag herum nochmal ähnlich viele Abwehrstoffe wie das Kolostrum. Wäre es wirklich nicht normal, in diesem Alter noch zu stillen, wäre dies nicht der Fall. Gleichzeitig profitiert das gestillte Kleinkind natürlich auch weiterhin von den vielen Vorteilen, die Muttermilch sowieso immer mit sich bringt. So wirkt Muttermilch nicht nur schmerzstillend, gestillte Kinder sind darüber hinaus auch seltener übergewichtig, seltener krank, oft weniger wählerisch beim Essen und haben meist eine optimal entwickelte Kiefer- und Gesichtsmuskulatur, was Zahnfehlstellungen vorbeugt und der Sprachentwicklung zu gute kommt. Darüber hinaus verweigern kranke Kinder oft jegliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, Muttermilch wird aber in aller Regel auch dann angenommen.

Und auch der Mutter kommt das Stillen über das erste Jahr hinaus entgegen. Gegen die allgemeine Meinung, das längeres stillen ungesund für die Mutter wäre, vermindert stillen effektiv die Gefahr der Mutter an verschiedenen Krankheiten wie Gebärmutterkrebs, Diabetes, Herz- Kreislauferkrankungen, Osteoporose, Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken.

In Anbetracht dessen ist der Ausdruck Langzeitstillen nicht nur irreführend, sondern schlicht und einfach falsch. Viel eher würde es passen, wenn man anders herum kürzeres Stillen als das bezeichnen würde, was es nun mal ist: verkürztes Stillen. Oder wir nennen das Stillen über das erste Lebensjahr hinaus einfach nur „Stillen“. Denn genau das ist es nämlich, nicht mehr und nicht weniger, es ist natürlich und schon gar nichts Besonderes. Sondern einfach nur: Stillen.

http://kathydettwyler.weebly.com/2004-when-to-wean-biological-vs-cultural-perspectives----clinical-obstetrics--gynecology.html

http://www.aap.org

http://www.who.int

Dettwyler KA: Beauty and the breast. In: Breastfeeding: Biocultural Perspectives. Stuart-Macadam P, Dettwyler KA (Hrsg.) 1995.

Hewlett BS: Hunter-Gatherer Childhoods: Evolutionary, Developmental, and Cultural Perspectives. Routledge, 2017

Selen DW: Comparison of infant feeding patterns reported for nonindustrial populations with current recommendations. J Nutr 2001; 131:2707-2715.