Grundausstattung für die Stillzeit

Immer wieder sehe ich kopfschüttelnd auf die einladenden Regale mit allerlei Stillhilfsmitteln in den Drogerien und Supermärkten. Neben den schon lange erhältlichen Milchpumpen, Stilleinlagen und Stillhütchen stehen dort mittlerweile auch verschiedene Milchpulver, Riegel, Quetschies und vieles mehr für die stillende Mutter. Wenn man schon kein Geld mit Flaschen und Säuglingsnahrung mit diesen Müttern machen kann, dann muss man sich halt was anderes einfallen lassen.

Traurig ist vor allem, dass Mütter nicht nur jede Menge Geld unnötig aus dem Fenster werfen wenn sie sie Dinge kaufen, sondern auch dass diese Auswahl an „Hilfsmitteln“ die Mamas noch mehr verunsichert ob sie wirklich in der Lage sind zu stillen und genug Milch zu produzieren.

Die meisten dieser Dinge sind nicht nur unnötig, sondern auch noch völlig sinnlos für eine stillende Mutter und im schlimmsten Fall sogar eher hinderlich als hilfreich.

In diesem Artikel zeige ich welche Dinge du getrost im Regal lassen kannst.

1. Stilltee

oder alternativ alle anderen angeblich milchsteigernden Nahrungsergänzungen. Die gibt es mittlerweile ja wie Sand am Meer. Von Pülverchen zum Anrühren, über Kapseln, bis hin zu Stilltee, Stillkugeln und so weiter und so fort. In den USA lässt man sich sogar stinknormale Haferkekse teuer bezahlen, weil man einfach mal eine milchsteigernde Wirkung auf die Packung schreibt und schwups, kostet ein Cookie das Dreifache.

Es gibt tatsächlich nur ein einziges Mittelchen, dass eine erwiesene milchsteigernde Wirkung hat, das ist der Bockshornklee. Dieser ist zwar auch in manchen Stilltees und anderen Mitteln enthalten, aber in einer viel zu geringen Dosierung als dass er wirklich wirken könnte.

Bockshornklee gibt es zwar auch pur, aber hier kommt hinzu, dass er nicht ohne medizinische Indikation und unter Beobachtung einer ausgebildeten Stillberaterin eingenommen werden sollte. Abgesehen davon, dass er unter bestimmten Umständen gravierende Nebenwirkungen haben kann ist die Einnahme schlicht ein Eingriff in die natürliche Milchbildung und Stillbeziehung. Er mag vorübergehend vielleicht die Milchmenge steigern, aber das Problem (meist falsches oder zu seltenes Anlegen) ist damit nicht aus der Welt geschafft.

Wenn du unbedingt irgend etwas für deine Milchbildung kaufen und nehmen willst, dann lieber noch Stillkugeln, Malzbier oder ähnliches. Diese Dinge helfen genauso viel oder wenig dabei mehr Milch zu haben, aber sie schmecken wenigsten, liefern Energie und Kalorien für den anstrengenden Mamaalltag und geben dir im besten Fall ein gutes Gefühl. Und das für einen Bruchteil des Preises.

2. Lanolin oder andere Brustwarzenpflege

Lanolin wird oft ja schon nach der Geburt in der Klinik verteilt. Nimm es mit nach Hause, es ist eine hervorragende Lippenpflege bei rauen und trockenen Lippen. Für deine Brustwarzen brauchst du es nicht.

Rund um deine Brustwarzen befinden sich Drüsen, die ein pflegendes Sekret absondern das dazu noch einen für dein Baby anlockend wirkenden Duft hat. Wird die Brust nicht übertrieben oft und vor allem nicht mit Seife und Duschgel gewaschen, reicht diese Pflege vollkommen aus um deine Brustwarzen zu schützen.

Auch ein paar Tropfen Muttermilch auf der Brustwarze trocknen zu lassen wirkt pflegend und schützt deine Brustwarzen vor Rissen.

3. Riegel, Quetschies und Milchpulver

Als ich das zum ersten Mal sah, dachte ich ich hab irgendwas an den Augen. Wenn man das Milchpulver nicht für die Babys verkaufen kann macht man einfach noch ein bisschen Zucker und Aromen dazu, bildet eine stillende Mama vorne drauf ab und verkauft es als wertvolles Getränk für die Mutter oder was? Ich muss zugeben, geschickte Geschäftsidee.

Muttermilch ist überall auf der Welt gleich zusammengesetzt, völlig egal was die Mutter zu sich nimmt. Nur sehr wenige Dinge lassen sich durch die Mutter beeinflussen, aber sicher nicht mit solchen Nahrungsergänzungsmitteln.

Eine normale, ausgewogene Ernährung reicht vollkommen aus und wenn du nicht gerade vollkommen unterernährt bist, wirst du deinem Kind auch alles wichtige durch die Muttermilch mitgeben wenn du dich zum Großteil von Fastfood ernährst.

Gesünder sind dann zumindest noch die angebotenen Müsliriegel und Quetschies, aber die kannst du im normalen Regal mit Müsliriegeln und einem Glas Apfelmus auch günstiger haben.

4. Schnuller

Ja ich weiß, manchmal ist es auch wenn man stillt mit einem Schnuller einfach leichter und ich will den Schnuller hier auch nicht unnötig verteufeln. Fakt ist aber nun mal, ein Schnuller ist bei einem Stillkind nicht nötig. Das Nuckelbedürfnis sollte an der Brust gestillt werden, was gleichzeitig die Milchbildung anregt.

Willst du dennoch einen Schnuller nutzen, solltest du unbedingt auf ein paar Dinge achten um eure Stillbeziehung nicht zu gefährden. In meinem Artikel Schnuller, ja oder nein? erkläre ich dir was bei der Schnullergabe zu beachten ist.

5. Still BH

Immer wieder wird mir von stillenden Mamas die Frage gestellt: „Wann darf ich endlich wieder normale BHs tragen?“

Wenn du Still-BHs toll und bequem findest und du gerne welche trägst, nur zu. Aber sie sind definitiv nicht nötig. Du kannst genauso gut einen normalen BH anziehen und das Körbchen einfach unter die Brust schieben. Auch BHs mit Bügeln sind, auch wenn oft was anderes behauptet wird, völlig ok. Du solltest einfach darauf achten, dass der BH gut passt und nirgends drückt oder einschneidet, sonst droht ein Milchstau.

Hier lohnt sich ein professionelles Brafitting (sollte eigentlich jede Frau machen, nicht nur wenn sie stillt).

6. Stillkleidung

Genau so sieht es mit Stillkleidung aus. Abgesehen davon, dass sie meist entweder extrem teuer oder grundsätzlich so geschnitten ist, als wäre man noch schwanger, was die übrigen Babypfunde noch zusätzlich betont, ist besondere Stillkleidung schlicht nicht unbedingt nötig.

Du kannst genauso gut einfach Oberteile mit etwas tieferen und elastischen Ausschnitt anziehen und es beim Stillen einfach unter die Brust schieben. Wenn du etwas geschützter sein willst, kannst du auch zwei Oberteile übereinander anziehen, dann kannst du eins hoch und eins runter schieben. Auch Bauchbänder aus der Schwangerschaft eignen sich gut zum darunter ziehen und bedecken Bauch und Rücken wenn du beim Stillen dein Oberteil nach oben ziehst.

7. Stillschal oder Stillponcho

Sollte dir der Sichtschutz durch das Oberteil wie im letzten Punkt beschrieben wirklich nicht ausreichen, tut es ein Mulltuch, dein normaler Schal oder dein normales Halstuch ganz genau so und das ohne Unmengen an Geld zu kosten. Aber bedecke dabei bitte wirklich nur deine Brust und nicht dein Baby.

8. Flaschen

Keine stillende Mutter braucht Babyflaschen im Haus. Sollte wirklich einer der extrem seltenen Fälle eintreten, in denen tatsächlich zugefüttert werden muss, sollte die Milch am Besten per Brusternährungsset* gegeben werden. Auch ein Löffel oder ein Becher eignen sich zum Zufüttern. Das können auch Oma und Opa oder sonstige Babysitter übernehmen, falls du die Flaschen kaufen möchtest, damit du dein Baby mal zu den Großeltern geben kannst.

Bedenke, dass jede Flasche eure Stillbeziehung massiv stört und im schlimmsten Fall der Anfang vom Abstillen sein kann. Angefangen bei einer Saugverwirrung / Saugpräverenzverschiebung, die bei jeder Flasche und in jedem Alter auftreten kann, bis hin zur verminderten Milchproduktion kann unnötiges Zufüttern jede Menge Probleme verursachen.

9. Säuglingsmilch

Ganz egal wer dir das erzählt, du brauchst als stillende Mama definitiv keine Säuglingsmilch im Haus zu haben. Allein die Tatsache, dass sie greifbar ist, mindert die Hemmschwelle sie zu nutzen erheblich. Vor allem in stressigen und nervenaufreibenden Clusterphasen, greifen verzweifelte Eltern sehr viel schneller zur Säuglingsmilch wenn sie nicht erst besorgt werden muss.

Sollte wirklich ein Notfall eintreten, weswegen Säuglingsmilch die einzige Option ist, kann sie kurzfristig besorgt werden. Zur Not auch am Wochenende und Nachts in Apotheken.

Formulanahrung sollte immer die letzte Notlösung bei einem voll gestillten Kind sein. Schon ein Schluck tötet dutzende Enzyme und Bakterien im Magen-Darm-Trakt des Säuglings unwiderruflich ab und verändert dadurch das einzigartige Mikrobiom eines gestillten Kindes nachhaltig. Es dauert Wochen, bis sich das Mikrobiom wieder annähernd an das eines ausschließlich gestillten Säuglings angepasst hat. Ganz so wird es aber nie wieder werden.

Bevor du also zu Pulvermilch greifst, frage dich ob es die momentane Erleichterung der Situation wirklich wert ist.

10. Milchpumpe

Wenn du nicht gerade sehr schnell wieder arbeiten gehst oder aus einem anderen Grund häufig nicht bei deinem Baby sein kannst, ist eine Milchpumpe in den meisten Fällen überflüssig.

Für den Fall, dass du mal Muttermilch brauchen solltest, ist es einfacher und oft effektiver Muttermilch per Hand auszustreichen.

Gerade am Anfang der Stillbeziehung sollte keine Milchpumpe zum Anregen der Milchproduktion genutzt werden. Lass einfach dein Kind an die Brust so oft es will. Nur so passt sich die Milchproduktion an den tatsächlichen Bedarf deines Kindes an.

Sollte eine Milchpumpe tatsächlich nötig sein, kannst du sie dir auf Rezept kostenlos in der Apotheke ausleihen.

11. Stillhütchen

Stillhütchen, die vermeintlichen Wundermittel für scheinbar jedes Stillproblem, die meist schon in den Geburtskliniken wie Bonbons verteilt werden.

Meiner Meinung nach das unnötigste und schlimmste aller „Hilfsmittel“. Den die einzigen denen Stillhütchen helfen sind der Hersteller, der damit Geld verdient und das Krankenhauspersonal, dass sich so Zeit spart die es ansonsten für eine richtige Beratung und Betreuung der stillwilligen Mama brauchen würde.

Stillhütchen sind so gut wie nie wirklich hilfreich, meisten verschlimmern sie die Probleme nur. Und auch die Antikörperproduktion für dein Baby funktioniert mit Stillhütchen nicht so effektiv wie ohne.

Ein Baby stillt eigentlich an der Brust, nicht an der Brustwarze und sollte ohnehin sehr viel mehr als nur die Brustwarze im Mund haben. Theoretisch könnte dein Baby auch ganz ohne Brustwarze stillen, das weiß jeder, dessen Kind schon mal herzhaft am Oberarm oder anderen stillungeeigneten Stellen angedockt hat. Somit sind auch so genannte Flach- oder Schlupfwarzen keine Indikation für den Gebrauch von Stillhütchen.

Ja Stillhütchen können das Stillen kurzzeitig erleichtern, gerade wenn wunde Brustwarzen die Mama schon vor dem Andocken zusammenzucken lassen. Das eigentliche Problem wird damit aber nicht bekämpft und eine Saugverwirrung und verminderte Milchbildung kommen dann ganz schnell noch oben drauf.

Du siehst also, dass sich jede Menge Geld sparen lässt, wenn man etwas genauer überlegt, was man von den vielen angebotenen Dingen rund um das Stillen wirklich braucht und was nicht. Da können ganz schnell mehrere hundert bis tausend Euro zusammen kommen, die auf jeden Fall  besser genutzt werden können.

Neben all dem was du zum Stillen also nicht brauchst, sage ich dir jetzt was wirklich nötig ist, um erfolgreich und entspannt zu stillen:

1. Brüste

Ja tatsächlich: Brüste reichen vollkommen aus um erfolgreich stillen zu können. Ok, eigentlich reicht sogar eine Brust aus um dein Baby glücklich und satt zu bekommen.

2. Baby

Ja gut, mit Brüsten allein ist es nicht getan. Ein Baby oder auch mehrere, sollten schon vorhanden sein.

3. Stilleinlagen

Nicht immer und nicht unbedingt nötig, aber durchaus vorteilhaft sind Stilleinlagen.

Manche Mamas  brauchen nach den ersten paar Wochen gar keine mehr. Wenn du zu diesen Mamas gehörst und das Wochenbett zuhause verbringst, kannst du auch einfach ein Mulltuch nutzen. Das ist anfangs meist eh sinnvoller, weil es einfach mehr Milch auffängt. Dann kannst du dir auch diese sparen. Für alle anderen habe ich in einem anderen Artikel zusammengestellt welche Art von Stilleinlagen es gibt und wie du die richtigen Stilleinlagen für dich findest.

4. Stillvorbereitungskurs

Ok, ein wirklich guter Stillvorbereitungskurs einer ausgebildeten Stillberaterin ist auch nicht gerade günstig, aber immer noch günstiger als die ganzen unnötigen Dinge die ich dir oben erläutert habe und definitiv günstiger als Säuglingsnahrung und die restliche Ausstattung die gebraucht wird, sollte es mit dem Stillen nicht klappen. Und das ist dank falscher oder gänzlich fehlender Beratung leider gar nicht so selten der Fall. Mit einem professionellen Stillvorbereitungskurs kannst du sicher sein nicht nur gut auf die Stillzeit vorbereitet zu sein, sondern auch allen Schwierigkeiten trotzen zu können. Auch wenn dein Baby schon da sein sollte lohnt sich so ein Stillvorbereitungskurs noch. Auf jeden Fall zumindest in den ersten 3 Monaten.

Und mit dem restlichen gesparten Geld kannst du dir immer noch die ein oder andere Massage oder einen entspannten Urlaub mit deiner Familie leisten.

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