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Schnuller – ich hätte ja nicht gedacht, dass ich diesem Thema mal einen ganzen Blogartikel widme. Doch ich stelle immer wieder fest, dass der Schnuller ein Thema ist, bei dem viel Verwirrung bei frisch gebackenen Eltern herrscht und die vielen unterschiedlichen Tipps und Ratschläge die Eltern in aller Regel schon im Krankenhaus und danach von den eigenen Eltern, Freunden, Bekannten, Fremden, auf Social Media Kanälen wie Facebook, dem Kinderarzt und der Hebamme bekommen, helfen meist auch nicht wirklich weiter.

So wie die meisten Stillberater, reagiere auch ich in aller Regel eher nicht ganz so positiv darauf, wenn mir mitgeteilt wird, dass ein Kind einen Schnuller bekommt. Und auf die Frage „Warum?“ der besorgten Eltern höre auch ich mich nicht selten das unheilvolle Wort „Saugverwirrung“ sagen. Nicht selten erntet Fachpersonal mit dieser Aussage Unverständnis. Gar nicht so verwunderlich, wenn man bedenkt, dass es nicht mal eine einheitliche Definition dieses Begriffes gibt. Viele, darunter auch medizinisches Fachpersonal, leugnen die Existenz einer Saugverwirrung sogar gänzlich.

Nicht abstreiten lässt sich allerdings die Tatsache, dass alle Babys ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Saugbedürfnis haben, das sie aber in aller Regel über die mütterliche Brust stillen können. Neben der Frage warum also ein Baby überhaupt einen Schnuller bekommen soll, stellt sich also vor allem die Frage, was eigentlich das große Problem an Schnullern ist und was zum Henker diese Saugverwirrung sein soll.

Probleme bei der Nutzung von Schnullern

Veränderte Saugtechnik

Das am häufigsten auftretende Problem bei der Nutzung von Schnullern ist wohl eine veränderte Saugtechnik beim Säugling und neben Brust anschreien ist es auch das am häufigsten gemeinte Symptom, wenn von einer Saugverwirrung die Rede ist.

An einem Schnuller zu saugen benötigt eine völlig andere und einfachere Saugtechnik, als an der Brust zu saugen, weshalb sich viele Kinder natürlich für die leichtere Variante „entscheiden“. Das merkst du relativ schnell daran, dass das Stillen plötzlich verdammt schmerzhaft wird.

Sichtbar wird dieses Problem daran, dass deine Brustwarze nach dem Stillen nicht rund ist, sondern auf einer Seite abgeflacht, wie ein Lippenstift. (Die Lippenstiftform kommt allerdings auch bei Kindern mit zu kurzem Zungenbändchen und bei einer falschen Anlegetechnik vor).

verminderte Milchproduktion

Babys werden mit dem sogenannten Saugreflex geboren. Dieser sorgt dafür, dass ein Neugeborenes, wenn man ihm die Gelegenheit dazu gibt, schon kurz nach der Geburt selbstständig die Brust sucht und zu stillen beginnt.

Durch das Saugen wird bei der Mutter das Hormon Prolaktin ausgeschüttet, dieses Hormon ist für die Milchbildung zuständig. Damit die gebildete Milch gut aus der Brust raus fliesen kann, wird zudem Oxytocin gebildet, dieses Hormon löst den Milchspendereflex aus.

Je mehr das Baby saugt, auch wenn es nur nuckelt ohne zu trinken, desto mehr Hormone werden ausgeschüttet und desto reibungsloser verläuft die Milchproduktion und das Stillen. Allerdings gilt das natürlich nur, wenn das Kind auch tatsächlich an der Brust saugen kann. Mit jedem Nuckeln am Schnuller werden bei der Mutter weniger Hormone freigesetzt, was gerade am Anfang, wenn sich die Produktion erst ans Kind anpassen muss zu Problemen führen kann.

Das empfindliche Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage wird durch den Schnuller stark gestört, das Kind stillt seltener und die Milchproduktion geht zurück.

Schlechtes gedeihen / weniger Hungergefühl

Eigentlich gehen alle Probleme die in Verbindung mit dem Schnuller auftreten können Hand in Hand und überschneiden sich. 

So kann es z. B. vorkommen, dass eine veränderte Saugtechnik auch dafür sorgt, dass das Kind nicht mehr effektiv genug die Brust entleeren kann. Dies führt nicht nur bei der Mutter zu schmerzhaften Milchstau, sondern kann beim Kind auch zu einer Unterversorgung führen.

Die meisten werden sich jetzt denken, dass sie das ja wohl merken würden, wenn ihr Kind nicht genug bekäme, es hätte ja dann schließlich ständig Hunger. Und genau da liegt das nächste Problem. Bei Kindern die weinen und schreien, wenn sie hunger haben, muss man sich in der Regel keine Sorgen machen, sie bekommen meist was sie brauchen, sobald sie an der Brust sind. Ganz anders sieht die Sache bei den sehr ruhigen Kindern aus. Diese sparen nämlich, wenn sie zu wenig Muttermilch bekommen oft Energie indem sie besonders ruhig sind. (Was nicht heißen soll, dass jedes ruhige Kind zu wenig Muttermilch bekommt, es gibt durchaus von Grund auf entspannte Säuglinge, die scheinbar nie weinen.)

Hinzu kommt, dass im Magen-Darm-Trakt des Babys beim Saugen das Peptidhormon Cholecystokinin ausgeschüttet wird, welches beim Säugling ein Sättigungsgefühl auslöst, völlig egal, ob es an der Brust saugt und tatsächlich Milch bekommt oder ob es nur am Schnuller saugt. Dadurch werden automatisch Mahlzeiten ausgelassen und das Kind nimmt weniger Kalorien und Nährstoffe zu sich.

Kommunikationsprobleme

Kinder die einen Schnuller bekommen, fangen oft später zu sprechen an und haben auch länger Probleme mit der korrekten Aussprache. Das ist nicht verwunderlich, denn durch den Schnuller im Mund haben sie schlicht weniger Zeit die Muskeln, Bewegungen und Laute zu trainieren, die fürs Sprechen erforderlich sind. Dies kann sich sogar noch bis ins Schulalter hinein bemerkbar machen.

Gleichzeitig ist es für die Eltern schwerer die Mimik und Töne ihres Kindes zu deuten, wenn sie von einem Schnuller gedämpft werden. Viele Kinder minimieren daraufhin immer mehr die Kommunikation mit den Eltern, sie geben auf, andere Kinder fangen an sich bei jeder Kleinigkeit mit markerschütterndem Schreien bemerkbar zu machen.

Entwicklungsverzögerung

Studien belegen einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Schnullern und einem (vorübergehend) niedrigerem IQ. Das bedeutet, dass die mentale Entwicklung bei Kindern, die mit einem Schnuller ruhig gestellt werden (das heißt, dass der Schnuller übermäßig und andauernd genutzt wird), statt ihre Bedürfnisse befriedigt zu bekommen, verzögert sein kann.

Trotzdem Schnuller geben

Wann nicht?

Trotz der vielen negativen Aspekte kann ein Schnuller durchaus erfolgreich in der Stillzeit eingesetzt werden, wenn ein paar wichtige Aspekte berücksichtigt werden.

Ein Schnuller sollte auf jeden Fall niemals die Antwort auf Stillprobleme oder schmerzende und wunde Brustwarzen sein. In solchen Fällen sollte immer eine professionelle Stillberatung erfolgen. Meist hilft schon eine Optimierung der Anlegetechnik um wunde und schmerzende Brustwarzen loszuwerden.

Schnuller wie einsetzen

  • Grundsätzlich sollte ein Schnuller so selten wie möglich eingesetzt werden. Das heißt, erst wenn du Gründe wie Hunger oder Schmerzen ausschließen konntest und andere Beruhigungsmethoden nicht geholfen haben oder momentan nicht möglich sind z. B. im Auto mitten auf der Autobahn.
  • Auch ist es zu empfehlen den Schnuller so kurz wie möglich einzusetzen, optimal wäre es dazu noch ihn nur mit Körperkontakt zu nutzen, was bei den natürlichen Alternativen an der Brust oder dem Finger nuckeln lassen, automatisch der Fall wäre. Wenn das Baby eingeschlafen ist, sollte der Schnuller entfernt werden.
  • Hilfreich ist es darüber nachzudenken, ob die momentane Situation eine ist, in der auch gestillt werden könnte, was z. B. beim Krabbeln und spielen eher nicht der Fall ist. Dann sollte auch kein Schnuller gegeben werden.
  • Säuglinge brauchen viel Nahrung und müssen oft stillen. Daher sollte ein Schnuller nur dann eingesetzt werden, wenn sichergestellt ist, dass das Kind dennoch ausreichend stillt.
  • Wenn dein Baby trotz Schnuller 8 bis 12 Mal in 24 Stunden stillt, auch ohne Schnuller ausgeglichen, fit und agil ist, 4 bis 6 nasse Windeln am Tag hat, stillen nicht unangenehm oder schmerzhaft ist und dein Baby genug zunimmt, spricht in sorgfältig abgewogenen Situationen nichts gegen einen Schnuller.

Welcher Schnuller

Solltest du dich nun für die Schnullergabe entschieden haben, stellt sich noch die Frage, welche Art von Schnuller es denn sein soll. Dass jeder Hersteller von seinem ganz besonderen Model überzeugt ist, ist klar. Die Werbeversprechen sind daher bei der Auswahl nicht gerade eine große Hilfe.

Hier ein paar Punkte auf die du beim Schnullerkauf achten solltest:

  • Der Schnuller sollte möglichst weich und flexibel sein.
  • Eine flache, symmetrische Form mit einem geraden Lippenschild ist besser als ein Schnuller mit sogenannter kiefergerechter Form oder einem Schnuller in Kirschform.
  • Es sollte während der kompletten Nutzungsdauer die kleinste erhältliche Größe genutzt werden. Die Brustwarze wächst schließlich auch nicht mit, sondern bleibt über die komplette Stillzeit gleich groß.
  • Der Schnuller sollte so leicht wie möglich sein und nicht an einer Schnullerkette hängen, da diese einen Zug auf den Kiefer ausübt.

Fazit

Auf jeden Fall sollte die Entscheidung für einen Schnuller mit sehr viel Bedacht gefällt werden. Bedenken sollte man dabei immer, dass es trotz jeder Vorsicht und auch bei Einhaltung aller beschriebenen Punkte dennoch immer zu einer Saugverwirrung und damit einhergehenden Problemen kommen kann.

Auch wenn es natürlich viele Kinder gibt, die völlig problemlos einen Schnuller nutzen, gibt es auch mindestens genauso viele, bei denen die Schnullergabe zu einem ungewollten, verfrühten Abstillen führt.

Möchtest du deinem Kind die Möglichkeit geben, seinem natürlichen Bedürfnis zu folgen und es natürlich stillen und abstillen lassen, solltest du auf den Schnuller verzichten.

In jedem Fall solltest du immer daran denken, dass nicht die Brust der Schnullerersatz ist, sondern die Brust die Norm und der Schnuller der Brustersatz und somit auch Ersatz für jegliche Art von körperlicher und seelischer Nahrung die dein Baby braucht.