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Die Einschätzung oraler Restriktionen ist nur mit entsprechenden internationalen Fortbildungen möglich und Bedarf immer auch einer stillberaterischen Einschätzung und Begleitung um ein gutes Ergebnis zu erreichen. Es ist ein interdisziplinäres Vorgehen, bei dem häufig Körperarbeit und bei schon größeren Kindern Logopädie notwendig ist. Je älter das Kind ist, desto schwieriger ist die Feststellung, denn die Kinder kompensieren meist sehr gut, dies überdeckt aber nur das Problem und ändert nichts daran oder an den teils lebenslangen Einschränkungen, wenn es nicht erkannt wird.

Stillberatung

Die erste Anlaufstelle bei dem Verdacht auf eine orale Restriktion (Zungenband, Lippenbändchen, Wangenbändchen) ist eine gut auf diesem Gebiet fortgebildete Stillberaterin. Diese Fortbildungen sind nicht Teil der Ausbildung zur Still- und Laktationsberaterin und müssen selbstständig absolviert werden. Eine fortgebildete Stillberaterin führt eine ausführliche Anamnese durch, sieht sich verschiedene Abläufe beim Stillen und die Bändchen selbst an und führt ein oder mehrere verschiedene Funktionstests durch. Eine online versierte Still- und Laktationsberaterin kann dies auch komplett online, mithilfe von Foto- und Videomaterialien und der genauen Anleitung der Eltern, durchführen.

Sie erklärt euch die verschiedenen Zusammenhänge, Auswirkungen und bespricht mit euch das weitere individuelle Vorgehen.

Fortgebildete Stillberaterinnen sind in der Regel gut vernetzt und leiten euch an, ebenfalls fortgebildetes, Fachpersonal weiter.

Außerdem begleiten und betreuen sie die komplette Vor- und Nachsorge inkl. dem Zeigen und Lehren verschiedener Übungen, Massagen und aktiven Wundmanagement („Dehnübungen“) sowie der Optimierung des Stillmanagements.

Die stillberaterische Begleitung ist ein wichtiger Grundpfeiler bei der Trennung oraler Restriktionen, ohne sie kommt es oft zu keinerlei Verbesserung oder sogar einer Verschlechterung der Symptome nach der Trennung.

Im optimalen Fall laufen bei der Stillberatung alle Fäden zusammen und sie koordiniert die komplette Vor- und Nachsorge, sowie den richtigen Zeitpunkt der Trennung.

Körperarbeit

Der Begriff Körperarbeit beschreibt hands-on Therapien, die den Körper in seiner normalen Funktion oder Wiederherstellung der Funktion unterstützen. Orale Restriktionen (Tethered oral tissues TOTs) beeinflussen nicht nur die Bewegung der Zunge, sondern auch Kiefer,- Hals- und Gesichtsmuskeln und auch alle weiteren Muskeln des Körpers.

Körperarbeit, Massagen und „Tummy-Time“ können helfen, die Muskeln zu entspannen, zu mobilisieren und zu aktivieren und so Kompensationen, die sich nicht nur auf das Stillen, sondern auf den ganzen Körper auswirken können, zu lösen.

Körperarbeit kann, je nach individueller Situation, verschiedene Therapien umfassen. Unter anderen z.B. Chiropraktik, Osteopathie, Logopädie, myofunktionelle Therapie, Physiotherapie und Ergotherapie.

Auch die gewählten Körpertherapeuten sollten, nach Möglichkeit, auf dem Fachgebiet der oralen Restriktionen gut fortgebildet sein.

Schmerzmanagement

Eine gute Vorbereitung sollte unbedingt auch einen Plan für das Schmerzmanagement beinhalten. Die Trennung selbst geht schnell und sollte in den meisten Fällen, je nach Art wie getrennt wird, nicht schmerzhaft sein. Aber natürlich entsteht eine offene Wunde im Mund, die dazu auch noch regelmäßig gedehnt werden muss. Ein gutes Schmerzmanagement ist hier außerordentlich wichtig.

Das Schmerzmanagement sollte im Voraus mit der begleitenden Stillberaterin abgesprochen und geplant  und vor der Trennung noch einmal mit dem trennenden Arzt abgestimmt werden.

Hierfür stehen verschiedene medizinische, wie auch natürliche Optionen zur Verfügung.

Orale Restriktionen oder englisch tethered oral tissues (TOTs) ist der Überbegriff für abnormal geformte, verkürzte oder verdickte Zungenbändchen, Lippenbändchen und Wangenbändchen, die korrekte funktionelle Bewegungen verhindern oder erschweren.

Zungenbändchen, Lippenbändchen und Wangenbändchen hat jeder, nicht jedes Bändchen ist eine orale Restriktion.

Zungenbändchen

Das Zungenband ist ein Stück Gewebe zwischen der Unterseite der Zunge und dem Boden des Mundes. Das Zungenbändchen kann zu kurz, straff oder verdickt sein und sehr weit vorne, aber auch ganz hinten an der Zunge liegen und so von Laien sogar kaum bis gar nicht sichtbar vorhanden sein.

Ist das der Fall, ist die Beweglichkeit der Zunge teilweise stark eingeschränkt.

Dies kann zu verschiedenen Still- und Folgeproblemen führen.

Lippenbändchen

Das Lippenband ist ein Gewebebändchen zwischen Lippe und Zahnfleischrand. Das Lippenbändchen kann zu nah am Zahnfleischsaum angesetzt sein. Es kann aber auch einfach zu dick, zu kurz oder zu straff sein um ein nach Außen klappen der Lippe zu ermöglichen. Dies wiederum führt zu Problemen sowohl beim Anlegen, als auch beim Vakuum halten und Saugen. Auch das untere Lippenbändchen kann betroffen sein.

Wangenbändchen

Die Wangenbändchen verbinden die Innenseiten der Wangen mit dem Zahnfleischrand.  Die  vier Bändchen in den Wangenbereichen können so straff sein oder bis zum Zahnfleischrand reichen, dass es dem Kind sehr erschwert oder sogar unmöglich gemacht wird, den Mund weit zu öffnen.

©Richard Baxter

Die Funktion ist wichtiger als das Aussehen

Zu verstehen, wie die Zunge, der Mund und der ganze Körper sich bewegen und zusammenspielen ist viel wichtiger, als das reine Aussehen der verschiedenen Bändchen.

Es gibt Babys, bei denen das Aussehen eines oder mehrerer Bändchen auffällig ist, aber weder Mutter noch Kind Symptome zeigen.

Oft gibt es starke Probleme, ohne dass auf den ersten Blick eine offensichtliche orale Restriktion zu erkennen wäre. Gerade posteriore (hinten, oft unter der Schleimhaut versteckte) Zungenbändchen werden sehr oft von Laien nicht als solche erkannt.

Das erste Erscheinungsbild stimmt oft nicht mit den Symptomen überein. Eine orale Restriktion ist daher keine Diagnose, die anhand eines einfachen Bildes gestellt werden kann. Es sollte immer auch durch eine funktionelle Beurteilung des Bewegungsumfangs der Zunge beurteilt werden. Eine vollständige Vorgeschichte von Geburt und Stillen ist ebenfalls erforderlich, da die Symptome auch durch andere Stillprobleme verursacht werden können.