Woran du erkennst, dass dein Arzt und deine Hebamme keine Ahnung vom Stillen haben

Hebammen werden im Allgemeinen nicht nur als Fachfrauen für die Schwangerschaft, die Geburt und das Wochenbett, sondern auch als Fachfrauen fürs Stillen angesehen und es gibt definitiv unheimlich gute und engagierte Hebammen. Dennoch ist es leider so, dass das Wissen, das Hebammen über das Stillen haben sehr an der Ausbildungsstätte und der Lehrkraft liegt und sich viele ältere Hebammen zudem nie auf diesem Gebiet fortbilden. Auch Ärzten wird im Normalfall vertraut. Dass sie sogar noch weniger als Hebammen über das Thema Stillen lernen, wissen die Wenigsten. So kommt es, dass nicht selten überhaupt erst die Nachsorgehebamme oder der Kinderarzt (unabsichtlich) für Stillprobleme verantwortlich sind.

An diesen 9 Punkten erkennst du, dass deine Hebamme und dein Arzt absolut keine Ahnung vom Stillen haben und du lieber nicht auf sie hören, sondern dir schnell eine ausgebildete Stillberaterin suchen solltest. Natürlich gibt es auch unter Stillberaterinnen, wie überall, schwarze Schafe. Die nachfolgenden Punkte gelten daher natürlich auch für ausgebildete Stillberater.

1. Dein Kinderarzt oder deine Hebamme verteilen Säuglingsmilchproben

Die Produktproben die oft beim Arzt ausliegen oder schon in den Willkommenstütchen in der Geburtsklinik liegen, sind nichts weiter als verdammt gut platzierte Werbung der Hersteller. Wenn Formula gegeben werden muss ist es im Endeffekt völlig egal welche Marke genutzt wird, keine ist besser oder schlechter als die andere. Es ist auch nicht nötig bei der gleichen Formulamilch zu bleiben, die es im Krankenhaus gab. Und wenn der Kinderarzt dir sagt, dass eine bestimmte Marke die Beste ist, tut er das nicht, weil dies tatsächlich der Fall wäre oder er wirklich von dieser Marke überzeugt ist, sondern weil der Hersteller ihn dafür bezahlt und wenn es nur in Form von kostenlosen Fortbildungen ist. Und jetzt rate mal was dein Arzt auf diesen Fortbildungen lernt…

2. Sie behaupten, dass es egal ist ob gestillt wird oder nicht

Dass Formulamilch und Muttermilch nahezu identisch sein sollen wurde schon 1900 behauptet. Moderne Pulvermilchnahrung ähnelt nur oberflächlich der Muttermilch. Grundsätzlich sind Formulanahrungen ungenaue Kopien auf der Grundlage veralteter und unvollständiger Kenntnisse darüber, was Muttermilch ist. Formulanahrung enthält keine Antikörper, keine lebenden Zellen, keine Enzyme und keine Hormone.

Sie enthält allerdings viel mehr Aluminium, Mangan, Cadmium, Blei und Eisen, sowie deutlich mehr Eiweiß als Muttermilch. Die Proteine und Fette unterscheiden sich grundlegend von denen in der Muttermilch. Diese und viele weitere Unterschiede haben weitreichende gesundheitliche Konsequenzen. Formulamilch schützt nicht vor Infektionen und hilft nicht bei der Hirnreifung. Wenn eine Mama nicht stillen kann ist Formula meist die einzige Möglichkeit und wir können froh sein, dass es sie gibt, aber zu implizieren, dass stillen nicht wichtig ist, ist einfach falsch. Ein Baby muss nicht gestillt werden, um glücklich, gesund und sicher aufzuwachsen, aber es hilft.

3. Deine Hebamme sagt dir, dass es nicht nötig ist, dein Baby in den ersten Stunden oder am ersten Tag zu stillen

Das wird aus vielen Gründen behauptet. Die Kinder wären zu müde, du hast angeblich nach der Geburt eh noch keine Milch und überhaupt kann es gleich nach der Geburt ja noch gar nicht stillen. Dein Baby sollte aber innerhalb der ersten ein bis höchstens zwei Stunden zum ersten Mal stillen, diese erste Stunde kann eure gesamte Stillzeit nachhaltig beeinflussen. Dein Baby kann aber nicht stillen, wenn es von dir getrennt wird weil das Klinikpersonal der Meinung ist, dass wiegen, waschen, … wichtiger wären als das Stillen.

4. Dein Kinderarzt oder deine Hebamme sagen dir, dass es keine Saugverwirrung gibt

Eventuell wird sogar gesagt, dass du so früh wie möglich die Flasche einführen sollst, damit dein Kind sie auch akzeptiert. Aber wenn es doch angeblich keinen Unterschied gibt, warum musst du die Flasche dann möglichst früh einführen? Diese Argumentation entbehrt jeder Logik. Flaschensauger (oder auch ein Schnuller) sind nichts weiter als künstlich nachgemachte Brustwarzen, ziemlich schlecht nachgemachte noch dazu. Die die allermeiste Zeit in der es Menschen und Säugetiere im Allgemeinen auf der Erde gibt, nicht genutzt wurden und von denen erst mal bewiesen werden muss, dass sie nicht schaden. Genau das ist aber nicht bewiesen. Wer künstliche Sauger (dazu zählen auch Stillhütchen) für harmlos hält ist der Meinung, dass die Flasche die natürliche physiologische Art ist ein Baby zu ernähren und nicht das Stillen. Natürlich haben nicht alle Kinder Probleme damit, aber ist das ein Grund das Risiko einzugehen?

5. Sie sagen dir, dass dein Baby nicht an der Brust einschlafen sollte

Einschlafstillen ist eines der praktischsten Dinge beim Stillen und genau so soll es auch sein. Jedes Säugetier stillt seine Kinder in den Schlaf. Muttermilch enthält abends und nachts sogar mehr Melatonin um deinem Baby das  (Wieder)einschlafen zu erleichtern. Auch du wirst du das Stillen schläfrig und kannst leichter einschlafen. Dazu fühlt sich dein Kind bei dir sicher und geborgen und schläft dadurch allgemein besser.

6. Dein Arzt oder deine Hebamme sagen dir, dass du nicht bei einem kranken Kind im Krankenhaus bleiben musst um stillen zu können und schließlich selbst Ruhe brauchst

Natürlich ist es auch wichtig, dass du als Mama zur Ruhe kommst wenn es deinem Baby nicht gut geht, egal ob es schon zu Hause war und wegen einer Krankheit im Krankenhaus ist oder ob es vielleicht ein Frühchen ist.

Aber ein Krankenhaus muss dafür sorgen, dass du dich dort ausruhen kannst, während du dich um dein Baby kümmern und es stillen kannst. Gerade Frühchen und kranke Kinder brauchen ihre Mama und das (ausschließliche) Stillen noch viel mehr als gesunde Kinder.

7. Dein Arzt verweigert dir Medikamente oder sagt, dass du abstillen musst wenn du krank bist oder sogar wenn dein Baby krank ist

Es gibt nur extrem wenige Fälle in denen es wirklich nötig sein kann das Stillen zu unterbrechen. Normale Erkrankungen und Medikamente gehören nicht dazu und Ärzte und anderes medizinisches Personal liegen mit ihrer Einschätzung, dass nicht mehr gestillt werden darf in 99% der Fälle absolut falsch. Ein Arzt, der das Stillen unterstützt wird sich darum bemühen herauszufinden, wie eine Stillpause oder gar ein Abstillen vermieden werden kann. Das Pharmakovigilanz – und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin kurz Embryotox ist hier die richtige Adresse. Du kannst verlangen, dass dein Arzt in deinem Beisein dort anruft und sich beraten lässt.

Auch Krankheiten an sich sind in aller Regel kein Grund abzustillen, weder wenn du krank bist noch wenn dein Baby krank ist. Angesteckt wird dein Kind nicht durch die Milch, sondern durch deine pure Anwesenheit und das schon Tage bis Wochen bevor bei dir Symptome auftreten. Mit deiner Muttermilch kannst du dein Kind sogar vor einer Ansteckung schützen oder zumindest für einen milderen Verlauf sorgen.

8. Deine Hebamme oder dein Arzt sind der Meinung, dass Muttermilch ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Nährwerte mehr hat oder sogar schädlich für dein Kind wird

Selbst wenn das wahr wäre, ist stillen immer noch sehr viel mehr als Nahrung. Gerade ältere Kinder stillen primär wegen der vielen anderen positiven Aspekte, der Nähe und Geborgenheit und nicht um satt zu werden.

Jedoch stimmt es noch dazu auch nicht. Die Zusammensetzung der Kohlenhydrate, Eiweiße, Fette, Kalorien und Vitamine ist immer und überall auf der Welt nahezu gleich und zwar völlig egal wie alt dein Kind ist. Die Antikörper und viele andere Komponenten die dein Kind aktiv vor Krankheiten schützen und wichtig für eine optimale (Hirn)entwicklung sind, verändern sich. Jedoch nicht zum negativen sondern immer so, wie es dein Kind gerade braucht. So enthält Milch für ein Kind um den ersten Geburtstag herum sogar mehr Antikörper als das Kolostrum.

Oft wird empfohlen auf Säuglings- und später Kindermilch umzusteigen, weil diese ja extra für Kinder gemacht ist. Aber deine Muttermilch ist nicht extra für Kinder gemacht, sie ist extra für dein Kind gemacht. Was sollte an der schlechten Nachahmung besser sein als am Original – außer die Einnahmen für die Hersteller?

9. Deine Hebamme oder dein Arzt verweisen dich bei Stillproblemen nicht an eine Fachkraft weiter

Die meisten Stillprobleme können verhindert oder beseitigt werden. Nur leider wissen die allermeisten Ärzte, Hebammen und anderes medizinisches Personal nicht wie sie helfen können. Das ist erst einmal kein Problem, wenn sie ihre Grenzen kennen und in so einem Fall an eine ausgebildete Stillberaterin weiter verweisen.

Die Empfehlungen Zufüttern, Formulamilch, Stillhütchen,.. sind keine kompetente Beratung und all dies ist in der Regel nicht nötig. Auch Sätze wie: „Quäle dich nicht länger, du musst nicht stillen um eine gute Mutter zu sein“ sind zwar wahr, aber weder zielführend, noch eine Hilfe für eine Mama die Stillen will.

Ich bin leider sicher, dass du schon in den ersten Wochen nach der Geburt auf mindestens eine dieser Aussagen stoßen wirst, in den meisten Fällen eher auf mehrere davon. Und wenn solchen Aussagen von medizinischen Personal kommt ist es, gerade in der sensiblen Anfangszeit sehr schwer dagegen anzukommen. Deshalb ist es so wichtig, dass du bereits während der Schwangerschaft alles lernst, was du für deine Stillzeit wissen solltest. Mit dem richtigen Wissen ausgerüstet, werden dich solche Aussagen nicht verunsichern und du kannst einen entspannten Stillstart und eine schöne Stillzeit genießen.

Beitrag teilen